Meine ganz "normale" Kindheit

F wie ...

Fahrrad

Mein erstes Fahrrad hatte ich so mit 7 Jahren, denn in mein Fotoalbum schrieb mein Vater "Hab ja lange gebraucht, bis ich's konnte - 1969". Irgendwann später dann gleich ein viel zu großes Herrenrad, damals bekamen Kinder nicht alle paar Jahre ein ihrer Körpergröße entsprechendes Rad. Wir waren quasi jeden Tag auf unseren Fahrrädern unterwegs, haben sie immer selbst repariert, es gab keine Fahrradläden - zumindest nicht wo wir wohnten. Im Krämerladen der alten Ruck's Ella an der Ecke Schmiedegasse / Kehl kaufte ich mir eine Hupe, einen Rückspiegel und einen Tacho. Das alles montierte ich mit Hilfe von Freunden und lernte wieder mal einiges dazu. Eine Gangschaltung besaß damals keiner von uns, da hieß es ab und zu Absteigen und Schieben.

Familienurlaub

Familienurlaub war erst langsam im Kommen, Schulferien verbrachten wir Kinder auf dem Land zu Hause. Aber nicht in der Wohnung vor dem Computer oder Handy, sondern draußen mit anderen Kindern. Schwimmbad im Sommer, Schlittenfahren im Winter. Allein, ohne Erwachsene. Urlaubsfahrten begannen in meiner Familie erst 1972. Mit der Eisenbahn, denn ein Auto hatten wir nicht vor meinem 18. Geburtstag. Meine Eltern planten diese Urlaube abends im Wohnzimmer, konnte ich manchmal mitverfolgen. Mein Vater buchte über caritative Organisationen wie Kolping oder kirchliche Träger Familienferienheime; Dort hatte man in den Sommerferien bessere Chancen, eine Ferienwohnung zu bekommen, je mehr Kinder man hatte. Wir mit unseren 5 Kindern gehörten zu den "kleinen" Familien. Großarl in Österreich, Bayerischer Wald, Schwarzwald, Nordseeinseln, Sauerland sind Urlaubsziele, an die mein Fotoalbum erinnert. 

Federball

Federball spielten wir im Garten und auf der Straße vor unserem Haus. Rekord waren einmal 1000 Ballwechsel mit meiner Schwester Annette. Wenn ein Auto kam, mußten wir leider immer unterbrechen. 

 

Federschmuck

Für Fasching und fürs Indianerspielen bastelte Papa mir einen Häuptlingsschmuck aus Elsterfedern und einem Frottéhandtuch. Die Federn hatte uns der Bauer vom Aussiedlerhof am Struth-See geschenkt.

 

Fernglas

Mit Peter W. bestellte ich bei Quelle ein Fernglas, 8-fache Vergrößerung, Marke Revue. Habe ich heute noch. Wir gingen mit unseren Ferngläsern zum Hösberg, betrachteten mein Elternhaus und andere Objekte.

Fernsehen

Wir hatten ein extra Fernsehzimmer! Nach dem Tod von Tante Gretel und Oma Agnes waren Räume im Erdgeschoß frei, einen nutzten wir ausschließlich zum Fernsehen. Aber selbst an damaligen Verhältnissen gemessen, sahen wir sehr wenig fern. Erinnern kann ich mich an Serien wie Daktari, Unsere kleine Farm, Drei Mädchen und drei Jungen, Im Reich der wilden Tiere jeweils Sonntag Mittag oder Lederstrumpf an Weihnachten. Nahm mit meinem Cassettenrecorder Titelmelodien meiner Serien auf.

Wenn gefährliche Szenen kamen, hielten wir Kinder und ein Sofakissen vors Gesicht. Nichts geholfen hatte das allerdings bei „Das Ding“ von John Carpenter: aus unerfindlichen Gründen durfte ich das mit ca 10 Jahren zusammen mit meinen Eltern schauen. Anschließend hatte ich abends beim Einschlafen solche Angst, daß ich mich für einige Zeit heimlich ins Elternschlafzimmer schlich und dort auf dem Boden schlief.

Feuer

Feuer-Machen hatte mir wohl mein Vater beigebracht, im Laufe der Jahre sammelte ich immer mehr Erfahrung. Beim jährlichen Zelten am Hösberg, beim Bratwurst-Brutzeln im Steinbruch, beim Abfälle-Verbrennen im Garten. Besonders gerne denke ich an ein jährliches Herbstereignis zurück, daß ich seit meiner Kindheit nicht mehr gesehen habe: Kartoffelfeuer! Nie wieder haben Kartoffeln so gut geschmeckt! Auf den Kartoffeläckern nicht weit von meinem Elternhaus trugen wir das trockenen Kraut zu großen Haufen zusammen, zündeten es an und warfen vom Bauern vergessene Kartoffeln in die Mitte. Es qualmte natürlich wie verrückt, Rauchschwaden waren weit zu sehen und abends mußten wir wie ein Köhler gerochen haben (ich vermeide bewußt "gestunken") - aber das Erlebnis und der Geschmack und Geruch der heißen Kartoffeln beim Aufbrechen der verkrusteten Schale ist unvergessen.

Feuersalamander

Am Wassergraben vor dem Findelberg beobachteten wir Feuersalamander, woanders habe ich diese grellbunten Tiere nirgends im Dorfbereich gesehen.

 

Fimo

Woher wir diese Knetmasse in verschiedenen Farben bekamen, weiß ich nicht mehr. Aber am Eßzimmertisch wurden daraus diverse Objekte geformt und dann im Backofen ausgehärtet

Fische

Neben der Brücke über die Fränkische Saale zwischen unserer Neubausiedlung und dem Dorf war noch eine kleinere Brücke. Unter dieser lag ein Tümpel, der nur bei Hochwasser Verbindung zur Außenwelt hatte. Dort fing ich Stichlinge. Ich lernte schnell, daß die kleinen Fischchen auf Lichtwechsel bzw Bewegungen reagierten. Bemerkten sie mich, zogen sie sich ins Halbdunkel weg vom Ufer zurück. Nach und nach schwammen sie dann wieder Richtung Tageslicht, wo ich wartete. Aus einem dicken Draht bog ich eine Schlaufe, zog einen ausrangierten Damennylonstrumpf darüber und befestigte ihn an einem Stecken. Fertig war der Kescher. Man mußte ihn ganz langsam im Wasser bewegen und dann blitzschnell so drehen, daß ein Fischchen drinn zapelte.

Die gefangenen Stichlinge setzte ich in ein Bonbonglas mit ca 2 Ltr Inhalt. Ich versuchte mein Bestes, die Fischchen in diesem Mini- Aquarium am Leben zu halten. Vergeblich. Hatte sogar Wasserpflanzen vom Bach umgesetzt, fing Stubenfliegen und bot deren Innereien als Futter an. Half nichts. Nach einigen Tagen hatten die Stichlinge immer das Ende ihrer kurzen Lebenszeit erreicht. Einen kleinen Totenschädel aus Porzellan, den ich auf der Müllhalde gefunden hatte, integrierte ich in die Unterwasserlandschaft. 

Flaschenpost

Mindestens zweimal schrieb ich einen Zettel, steckte ihn in eine leere Flasche, versiegelt die Öffnung mit Kerzenwachs und Korken und warf sie in die Saale. Leider hat sich bis heute kein Finder gemeldet.

Floß

Die leeren großen Ölfässer (ob es vier oder sechs waren, weiß ich nicht mehr) fanden wir an einem unserer Lieblingsplätze, der riesigen Müllkippe oben auf dem Galgenberg. Die Holzbohlen und Bretter blieben jedes Jahr nach der Frühlingsüberschwemmung zusammen mit allerlei anderem nützlichen Baumaterial in den Büschen rechts und links des Flußes hängen. Wir verbanden alles miteinander und hatten für einen Sommer ein tolles Floß, wenngleich es für den schmalen Fluß mit seinen vielen Biegungen zu breit war.

Flugzeugcockpit

Mit 16 Jahren baute ich aus einer Holzkiste mit ca 120x60x60 cm, die ich vom Dachboden holte, ein Kampfflugzeug-Cockpit. Die Rund-Instrumente wie Geschwindigkeit, Höhe, Steigen/Sinken, Drehzahl, Triebwerktemperatur usw zeichnete ich auf Karton, Zeiger drückte ich mit Reißnägeln rein und somit waren sie drehbar. Aus den Holzstäben von Silvesterraketen und halbierten Nähgarnrollen bastelte ich Schalter. Schubhebel für beide Triebwerke entstanden aus kurzen Holzstäben mit Holzkugeln am Ende. 

Besonders kostbar war ein Blech vom Schrotthaufen des Elektro-Eckerts an der Straße nach Waltershausen. Heute weiß ich, daß es die Lüftungsabdeckung für einen Einbau-Kühlschrank war, mit vielen länglich ausgefrästen Schlitzen, es paßte perfekt quer unter mein Instrumentenbrett. Das Gurtschloß des Schleudersitzes feilte ich aus einer Holzleiste derart, daß es richtig verriegelte. Als Helm diente ein US-Manöverhelm, den ich von meinen Cousins in Lindach mitgenommen hatte.

Fluß

Durch meinen Heimatort fließt die Fränkische Saale (nicht zu verwechseln mit der größeren und bekannteren Sächsische Saale). Daß wir dort all die Jahre unbeaufsichtigt spielen durften, erstaunt mich heute selbst. Denken Sie, das Wasser wäre damals sauberer gewesen als heute? Von wegen, es ist genau umgekehrt! Den Begriff Umweltschutz kannten wir nicht mal vom Hörensagen. Die Abwässer von Betrieben und Privathäusern floßen teilweise direkt in die Saale, in Kleineibstadt sahen wir Plastikrohre auf kürzestem Wege von der Rückseite von Gebäuden in den Fluß ragen. Alle Abwässer meines Elternhauses gingen in eine Sickergrube und dann weiter in die Saale, der Anschluß an eine Kläranlage kam erst später. Unser "Einsatzgebiet" entlang der Saale zog sich über etwa 4 km von Höhe der Findelbergbrücke bis ins Nachbardorf Kleineibstadt.

Einmal fiel mir auf dem Weg zum Gottesdienst am Findelberg (Wallfahrtskirche auf einem Hügel nördlich unseres Dorfes) mein Gesangbuch aus der Jackentasche ins Wasser, als ich irgendein Stöckchen warf. Oh nein, das hatte ich zum Weißen Sonntag bekommen. Erst rechts der Saale entlanggerannt, aber das Buch trieb zur linken Seite rüber. Also wieder zurück zur Brücke und auf die andere Flußseite. 

Irgendwann fischte ich es mit Hilfe eines Astes aus dem trüben Wasser. Nach Hause gelaufen, umgezogen, wieder zurück zur Kirche. Das Gesangbuch hatte einen Einband mit Reißverschluß und überstand das Ganze recht gut, nur die Widmung im Einband war verschwommen.

Mit dem Schlauchboot, das wir von Onkel Georg bekommen hatten, oder einen Sommer lang auf einem selbst gebauten Floß oder einfach mit dem Bauch auf einer Holzbohle liegend, fuhren wir im Bereich der Schneiders-Mühle an der Kleineibstädter Straße. Dort befand sich ein Stauwehr aus Beton, dessen Schräge rutschten wir auf einem grünen Algenteppich runter. Wir kletterten auf einer Flußseite einen hohen Baum rauf und auf der anderer Seite einen anderen Baum wieder runter. Irgendwann entdeckten wir Muscheln, - ich hatte nicht gewußt, daß es welche in deutschen Flüßen gibt - und suchten von da an nach ihnen. Wir schwammen und tauchten im braunen Wasser. Kurz vor Kleineibstadt hatten sich defekte Glühbirnen an querliegenden Ästen gesammelt, die zertrümmerten wir mit Schottersteinen vom Bahndamm.

Fort

Haselnußstecken konnten vielseitig verwendet werden. In kurze Stücke gesägt und dann gespalten, dienten sie als Baumaterial für einen Zaun an der Weihnachtskrippe - oder auch zum Bau eines Wild-West-Forts beim Spielen mit Plastikfiguren. Als der Dachboden meines Elternhauses entrümpelt wurde, konnte ich 2013 noch ein Foto schießen, bevor das Fort entsorgt wurde.

 

Fotoalbum

Papa legte für jedes seiner fünf Kinder bei der Geburt ein Fotoalbum an. Neben Fotos klebte er auch Eintrittskarten, Zeichnungen, Fahrkarten und ähnliche Erinnerungsdokumente ein. Mit seiner ausdrucksstarken "zackigen" Schrift vermerkte er Ort, Zeitraum und Kommentare. Als ich 18 war, sagte ich meinem Vater, daß ich mein inzwischen drittes Album jetzt selbst fortführen würde. Dies war ein großer Fehler. Denn seitdem wird kein Album mehr gepflegt.

Frösche

Frösche und Kröten traf man quasi überall an, ganz kleine im Garten, andere im Wald, die meisten aber am Bach Richtung Hösberg. Dort floß das Wasser nicht, sondern stand und war im Frühjahr voller Laich und Kaulquappen. Bei einer Mutprobe faßte Konrad F., den wir "Kill" nannten, einen Frosch an den Hinterbeinen und ließ ihn ganz weit in seinen Mund rein. Ich traute mich das nicht. Das Gerücht ging unter uns Jungs rum, daß irgendein Junge mal einen Frosch verschluckt hätte und daran erstickt sei. Bei seiner Beerdigung soll dann der schneeweiße Frosch aus dem Mund des Jungen gekrochen sein. Natürlich war das nur eine erfundene Schauergeschichte, aber beeindruckt hat sie uns trotzdem.

Funkgerät

Aus dem Quelle-Katalog bestellte ich ein CB-Handfunkgeräte-Set der Marke Universum. In blau und ungefähr zehnmal so groß wie ein heutiges Handy. Die Teleskopantenne konnte man ausziehen. War aufregend, damit das Funken auszuprobieren, aber auch enttäuschend bezüglich der Reichweite.

Fußball

Im Verein habe ich nie Fußball gespielt, auf dem Gras des Segelflugplatzes am Ende unseres Wohngebietes dafür umso mehr. Viele Sommer lang trafen wir uns dort, auch mit Jungs, mit denen ich sonst nichts zu tun hatte, wie Michael K., der Sohn des Bauunternehmers. Zur Stamm-Mannschaft gehörten Michael E., Peter W., Bobby, meine Brüder, Stefan W. Als Torpfosten dienten Sweatshirts oder andere Bekleidungsstücke, die Torbreite wurde vor Spielbeginn durch Fußlängen ausgemessen. Aufpassen sollten wir immer, daß wir die rot-weißen halben Ölfässer nicht verschoben, welche als Landeplatzmarkierungen dienten. Bei Durst tranken wir aus der kleinen Quelle am Spielfeldrand, auf der Südseite des Flugplatzes.