Meine ganz "normale" Kindheit

D wie ...

Degen

Durch diversen Abenteurerfilme inspiriert, bastelte ich zwei Degen. Als Klinge feilte ich eine L-förmige Holzleiste zurecht, die Parierstange war ein Sperrholzbrettchen mit passend ausgesägtem Loch, fixiert durch zwei weitere Brettchen als Griff. Unten im Flur führten wir dann Duelle aus. Den Fechtkampf  begann ich stets mit der Aufforderung "En Garde!", hatte zwar keine Ahnung von irgendwelchen Fechtregeln und konnte auch kein Französisch, das aber im Film gehört. Mehrmals zerbrach die lange dünne Holzklinge und ich mußte eine neue basteln. 

Diebstahl

Der erste Diebstahl meines Lebens, an den ich mich erinnern kann, geschah im Kindergarten. Beim Spielen im großen Sandkasten hatte ein anderer Junge eine braune Indianerfigur auf einem weißem Pferd, die ich so gern haben wollte. Ich wählte bewußt als Zeitpunkt die Minuten vor Tagesende, weil der Junge dann von seiner Mutter abgeholt würde und keine Zeit zum Suchen hätte. In einen großen Sandhügel grub ich einen Tunnel, versteckte Indianer und Pferd darin und merkte mir die Stelle. Als der Junge abgeholt wurde und seine Figuren suchte, fand er sie natürlich nicht. Ich aber holte sie kurz darauf aus dem verschütteten Tunnel und nahm sie mit. Dieser Diebstahl tut mir heute noch leid. 

Diesellok

Einer unserer Lieblingsorte war die Gegend um die Schunksmühle, wo auch das Wasserwehr am Fluß Saale war. Armbanduhren hatten wir keine und Handys waren noch lange nicht erfunden. Wie also sollten wir wissen, wann wir nach Hause gehen sollten? Ganz einfach: Abends fuhr eine kleine Diesellok mit dem Lokalbahnzug auf ihrem Weg von Bad Neustadt nach Königshofen dort im Saaletal entlang. Wenn sie am Bahnübergang über den Feldweg am Fuße zum Hösberg pfiff, wußten wir, es ist Zeit heimzugehen. Diesen lauten Pfiff der Lokomotive konnten wir von jedem Ort hören, auch vom Hösberg oder Steinbruch.

Diorama

Heutzutage wird ein Diorama meist als Präsentationsumgebung im Modellbau verwendet. Ich bastelte damals zum Spielen mit meinen Soldatenfiguren der Firma Airfix im Maßstab 1:32 mindestens zwei Dioramen. Einmal eine Hausruine mit zerschossenen und verkohlten Wänden, als Sandsäcke nutzte ich Rundholz-Abfälle der Möbelfabrik Pidun von der Kleineibstädter Straße.

Ein anderes Mal arrangierte ich einen Vietnam Dschungel als realistische Umgebung zum Spielen mit einem Bell-Huey und Cobra Hubschrauber, ebenfalls Maßstab 1.32.  Auf der Müllhalde am Kreuzberg hatte ich eine rechteckige, verzinkte und flache Blechwanne entdeckt, vielleicht 70 x 120 cm groß. Mit echten Grasbüscheln, Steinbrocken und Sand gestaltete ich darin das Gelände.

Für meine 1:144 Panzermodelle stellte ich Kleinst-Dioramen her, alles aus "Abfällen" wie Karton, Streichhölzern etc.

Drachen

Im Friseurgeschäft Neunhöfer gab es auch eine kleine Spielzeugauswahl. Dort kaufte Papa jeweils im Herbst einige Male Sets, aus denen er mit uns Flugdrachen baute. Aus Balsaholzstäben wurde ein kreuzförmiges Gerüst zusammengenagelt und mit farbigem Pergamentpapier bespannt. Mein Vater klebte einen Schwanz aus Schnur mit Zeitungspapier-Karos dran, damit der Drache sich nicht ständig um die horizontale Achse drehte und die Schnur verwickelte. Er ermahnte uns, nicht unter der Hochspannungsleitung, die nah an unserem Grundstück vorbeiführte, die Drachen steigen zu lassen.

Drucken

Für Monopoly brauchte ich weitere Geldscheine. In ein Stück Linoleum schnitzte ich eine Matritze, nagelte diese auf ein Rundholz, welches in zwei Brettchen mit entsprechenden Löchern geführt wurde, und brachte eine Kurbel zum Drehen an. Dann wurde Plakafarbe auf das Linoleum gepinselt und ein Stück rechteckiges Papier zwischen Walze und Frottestoffrest durchgezogen. Das Ergebnis war primitiv, erfüllte aber unsere Zwecke.